Infektionen mit Clostridium difficile: Neue europäische Leitlinie (2024)

Prävention von Infektionen mit Clostridium difficile

Der Prävention von Infektionen mit C. difficile kommt in Krankenhäusern hohe Priorität zu. Durch ein adäquates Hygienemanagement muss die Ausbreitung von Sporen und die Weitergabe an andere Patienten verhindert werden. Praxisrelevante Hinweise gibt eine in Kürze erwartete Leitlinie.

Schlüsselwörter: C. difficile, Antibiotic Stewardship, Hygienemanagement

Clostridium difficile (seit August 2016 korrekt Clostridioides difficile) ist der häufigste Erreger antibiotikaassoziierter nosokomialer Durchfallerkrankungen [1]. Als sporenbildendes, anaerob wachsendes Stäbchenbakterium wird es von vielen Warmblütern mit dem Stuhl ausgeschieden und kann aufgrund seiner hohen Umweltresistenz nahezu überall im häuslichen Umfeld und in der Natur nachgewiesen werden (Abb. 1).

Infektionen mit Clostridium difficile: Neue europäische Leitlinie (1)

Die Durchseuchung erfolgt beim Menschen sehr früh: Bereits innerhalb des ers­ten Lebensjahres werden fast alle Säuglinge passager und symptomlos mit C. difficile besiedelt [2]. Zur Erkrankung kommt es im Rahmen der Besiedelung oder auch einer frischen Infektion, wenn zusätzliche mikrobiologische oder immunologische Risikofaktoren – allen voran eine Dysbio­se infolge einer antibiotischen Therapie – vorliegen. Besonders ältere Menschen erkranken an C.-difficile-Infektionen (CDI), möglicherweise als Folge der abgeschwächten Antikörperbildung (Immunseneszenz) [3]. Während die Keimlast gesunder C.-difficile-Träger gering ist, werden im Rahmen der sympto­matischen Erkrankung große Mengen an Sporen mit dem Stuhl ausgeschieden.

Aus einer Vielzahl von Gründen spielen CDI und ihre Prävention in Krankenhäusern eine bedeutende Rolle:

  1. Die Sporen können aufgrund ihrer hohen Tenazität sehr lange in der Umwelt persistieren und werden auch durch viele Desinfektionsmittel nicht inaktiviert. Dies gilt insbesondere für alkoholische Händedesinfektionsmittel, die sogar dazu beitragen können, die Stabilität von Sporen zu erhöhen.

  2. Das typische stationäre Patientenkollektiv spiegelt genau das CDI-Risikoprofil wider (hohes Alter, vermehrt Grunderkrankungen, Immunsuppression, antibiotische Therapie).

  3. Der häufige Antibiotikaeinsatz im Krankenhaus begünstigt die Dys­biose und führt zur Selektion multiresistenter, epidemischer und hyper­virulenter Stämme (z.B. Ribotyp 027).

Diese gefährlichen Stämme haben sich inzwischen über Ländergrenzen und Kontinente hinaus ausgebreitet. In den vergangenen Jahren kam es auch in deutschen Krankenhäusern immer wieder zu Ausbrüchen von CDI, weshalb ein adäquates Hygiene­management im Kampf gegen solche Infektionen von großer Bedeutung ist. Vorrangiges Ziel muss es sein, die Ausbreitung von Sporen innerhalb der Einrichtung sowie die Weitergabe an andere Patienten zu verhindern.

Allerdings sind bei stationärer Aufnahme bereits ca. 10% aller Patienten im Rahmen der natürlichen Durchseuchung asymptomatisch mit C. difficile kolonisiert; deshalb wird es nie möglich sein, CDI im Krankenhaus vollständig zu unterbinden. Die Gefahr von Neuinfektionen kann aber reduziert werden, wenn Hygienemanagement, frühzeitige Diagnostik und rationaler Anti­biotikaeinsatz auf­einander abgestimmt werden [4].

Demnächst erscheint eine aktualisierte europäische Leitlinie für die Prävention von CDI, deren praxisrelevante Hinweise über die bisherigen Empfehlungen [5] deutlich hinausgehen. Für einige dieser Maßnahmen kann jetzt zwischen der endemischen Situation (weniger kritisch) und der Ausbruchssituation (kritisch) unterschieden werden. Aus pragmatischen Gründen wurden Kennziffern für gehäufte Ausbrüche von CDI auf Krankenstationen verschiedener Größe festgelegt (Tab. 1).

Größe der Station

kurzfristig

mittelfristig

Weniger als 20 Betten

Drei und mehr nosokomiale CDI innerhalb von sieben Tagen

Fünf und mehr nosokomiale CDI innerhalb von vier Wochen

20 Betten und mehr

Zwei und mehr nosokomiale CDI innerhalb von sieben Tagen

Vier und mehr nosokomiale CDI innerhalb von vier Wochen

Tab. 1: Kriterien für den Ausbruchsverdacht von CDI auf Krankenstationen in Abhängigkeit von der Bettenzahl (ESCMID Guidance Document in Vorbereitung).

Prävention

Epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die landesweite Umsetzung von Hygienemaßnahmen in allen Krankenhäusern effektiv zur Prävention beiträgt. Da bislang kaum Untersuchungen über die Effektivität einzelner Vorkehrungen vorliegen, sollten die nachfolgend beschriebenen Präventionsmaßnahmen immer gebündelt eingesetzt werden.

1. Schutzmaßnahmen

Die wichtigste persönliche Schutzmaßnahme beim Kontakt mit CDI-Patienten ist das Anlegen von Schutzkittel und Handschuhen vor dem Betreten des Patientenzimmers. Daher wird dieses Vorgehen in allen gängigen Leitlinien empfohlen.

In Zimmern, in denen C.-difficile-Patienten versorgt werden, weisen alle Flächen einen hohen Verkeimungsgrad auf. Die VAH-Liste (www.vah-online.de) hilft bei der Auswahl und sachgemäßen Anwendung eines geeigneten sporoziden Desinfektionsmittels. In Deutschland setzt man in der Regel sogenannte Sauerstoffabspalter ein, welche besser verträglich sind als Hypochlorit. Patientennahe Flächen sollten sogar mehrmals täglich sporozid gereinigt werden. Bei Ausbrüchen empfiehlt es sich, die sporozide Flächendesinfektion auf alle Räume der Station auszudehnen. Da Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen in der Vorbeugung von CDI eine herausragende Bedeutung haben, muss das Reinigungspersonal unbedingt ausreichend geschult werden.

2. Frühzeitige Diagnostik

Die aktuellen Leitlinien fordern bei jeder Diarrhö, die im Zuge eines Krankenhausaufenthalts auftritt, eine rasche Diagnostik von C. difficile [6, 7]. Empfohlen wird ein Stufenverfahren, das mit einem sensitiven Suchtest im Stuhl beginnt; hierfür eignet sich der Nachweis von Gluta­matdehydrogenase (GDH) oder die Nukleinsäureamplifika­tion für ein Toxin-Gen (NAAT). Bei positivem Testergebnis schließt sich der spezifische Nachweis von freiem Toxin im Stuhl als Zeichen einer klinisch relevanten Infektion an. Allerdings weist dieser Bestätigungstest nur eine eingeschränkte Sensitivität auf.

Empfindlicher ist die toxigene Kultur, die immer noch als Goldstandard gilt; sie hat aber aufgrund einer Befundlaufzeit von über 72 Stunden für die Routine­diagnostik kaum Bedeutung. Benötigt wird sie vor allem, wenn Stämme im Rahmen von Ausbruchsuntersuchungen typisiert werden müssen.

3. Isoliermaßnahmen

Durch Einzelzimmer- oder Kohorten­isolierung soll verhindert werden, dass sich C. difficile im Krankenhaus ausbreitet. Insbesondere Patienten mit schweren Durchfallerkankungen müssen separat untergebracht werden. Empirisch wurde festgelegt, dass die Isoliermaßnahmen 48 Stunden nach Sistieren der Durchfälle wieder aufgehoben werden können.

Einige wenige Kliniken mit besonders guten baulichen Voraussetzungen (Ein- und Zweibettzimmer) verzichten bei sporadischen Fällen auf die Isolierung [8]. Voraussetzung hierfür sind dokumentiert erfolgreiches Hygienemanagement, eta­bliertes und täglich gelebtes ABS (Anti­biotic Stewardship, s.u.) sowie frühzeitige Erkennung von Ausbrüchen durch regelmäßige Infektionsstatistik (proaktive Infektions­surveillance). Bei jedem Ausbruchsverdacht muss die Isolierung natürlich auch hier konsequent umgesetzt und die Effektivität der Hygiene­maßnahmen kontinuierlich durch die Infektionsüberwachung belegt werden.

4. Antibiotic Stewardship

Unter ABS versteht man ein Programm, das eine optimale Antibiotikatherapie gewährleistet. Der rationale Einsatz von Antibiotika und die Reduktion besonders kolitogener Wirkstoffe, wie zum Beispiel Fluorchinolone, kann nachweislich die Inzidenz von CDI und die Selektion multiresistenter Stämme reduzieren. Eine sinnvolle C.-difficile-Prävention besteht daher immer aus einer Kombination von ABS und einem besonderen Hygienemanagement [4].

5. Fort- und Weiterbildung

Für eine erfolgreiche Bekämpfung von CDI ist eine besondere Schulung des Reinigungspersonals, des Pflegedienstes und der Ärzte erforderlich. Auch Patienten und Angehörige müssen über die besonderen Hygienemaßnahmen bei nosokomialen Durchfallerkrankungen aufgeklärt werden.

6. Surveillance

Im Rahmen des IfSG §22 ist eine regelmäßige Erfassung und Bewertung von CDI vorgeschrieben. Nur so ist es möglich, gehäufte Infektionen frühzeitig zu erkennen und spezifische Hygienemaßnahmen einzuleiten [9]. Die jährlichen Infektionsdaten können über CDAD-KISS des Nationalen Referenzzentrums für Infektions­surveillance oder europaweit über ECDC (ecdc.europa.eu) durch die teilnehmenden Krankenhäuser erfasst und verglichen werden.

7. Ausbruchsuntersuchungen

Ein Ausbruchsverdacht muss nach §6 IfSG beim örtlichen Gesundheitsamt gemeldet werden. Parallel dazu gibt es die Möglichkeit einer kostenlosen Ausbruchsuntersuchung und Beratung durch das Nationale Referenzzentrum für C. difficile (Homburg-Münster-Coesfeld). Für die molekulare Charakterisierung der Stämme mittels Ribotypisierung, MLVA oder Ganzgenom-Sequenzierung sind C.-difficile-Isolate der Patienten oder Rückstellproben der betroffenen Stuhlproben geeignet. Nur so gelingt die Unterscheidung zwischen einer sporadischen Häufung von nicht-verwandten Stämmen und einem Ausbruch, bei dem verwandte Stämme nachgewiesen werden. Besonders relevant für Ausbrüche sind nosokomiale Ausbruchsstämme (z.B. Ribotyp027), die sich häufig durch eine Resistenz gegen Fluorchinolone und/oder Makrolide auszeichnen [10].

Der hier vorgestellte Sieben-Punkte-Katalog, bestehend aus schneller, sensitiver Diagnostik und einem Bündel spezifischer Maßnahmen ist bei allen nosokomialen Durchfallerkrankungen zu beachten.

Infektionen mit Clostridium difficile: Neue europäische Leitlinie (2024)

FAQs

What is the infection caused by Clostridium difficile? ›

Overview. Clostridioides difficile (klos-TRID-e-oi-deez dif-uh-SEEL) is a bacterium that causes an infection of the colon, the longest part of the large intestine. Symptoms can range from diarrhea to life-threatening damage to the colon. The bacterium is often called C. difficile or C. diff.

How is Clostridium difficile transmitted? ›

difficile is passed out in the faeces (diarrhoea) of people who are carrying the bacteria. So if you have C. difficile diarrhoea, or if you carry C. difficile, the bug can spread to the surrounding area, including toilet, clothing, hands, equipment or furniture.

What is the incidence of CDI in Europe? ›

For recurrent CDI, the reported mean hospital incidence of recurrent CDI for the whole EU/EEA was 0.25 cases per 1 000 patient discharges or admissions (95% CI: 0.21–0.30; median: 0.06) in 2020.

Why is it so difficult to get rid of a Clostridium difficile infection? ›

C. diff spores are very hard to kill, both inside and outside of your intestines. They're resistant to heat, acid and many antibiotics and disinfectants. They can also survive for months on surfaces.

Can you recover from Clostridium difficile? ›

People with Clostridium difficile infections typically recover within two weeks of starting antibiotic treatment. However, many people become reinfected and need additional therapy. Most recurrences happen one to three weeks after stopping antibiotic therapy, although some occur as long as two or three months later.

How do you treat Clostridium difficile infection? ›

Treatment for C. difficile
  • stopping the antibiotics thought to be causing the infection, if possible – in mild cases, this may be the only treatment that's needed.
  • taking a 10 to 14-day course of antibiotics that are known to kill C. ...
  • rarely, serious infections may require surgery to remove a damaged section of the bowel.
May 29, 2023

What kills Clostridium difficile? ›

Antibiotics are the main treatment for C. difficile infection. Commonly used antibiotics include: Vancomycin (Firvanq Kit). Fidaxomicin (Dificid).

Can you get C. diff at home? ›

diff germs in the home is not unusual, even when no one in the home has been ill with C. diff. Most healthy adults who come in contact with C. diff in the home won't get sick.

Can C. diff go away on its own? ›

A mild C. diff infection that presents no symptoms can go away on its own. However, more severe forms require treatment, such as antibiotics, to prevent complications.

What is the main symptom associated with a Clostridium difficile infection? ›

Common symptoms of a C. diff infection include: diarrhoea. a high temperature. loss of appetite.

Is Clostridium difficile an anaerobe? ›

Clostridium difficile is a Gram-positive, spore-forming bacterium that is an obligate anaerobe and a potentially fatal gastrointestinal pathogen of humans and animals.

What causes C. difficile toxin? ›

Antibiotics change the balance of bacteria in the colon. This sometimes leads to too much growth of C difficile. Diarrhea caused by C difficile after antibiotic use often occurs in people who are in the hospital. It also can occur in people who have not recently taken antibiotics.

Which antibiotic is known to cause C. diff? ›

The antibiotics most commonly implicated in C. difficile colitis are clindamycin, fluoroquinolones, penicillin, and cephalosporin. Though there is no clear-cut demarcation between mild, moderate, and severe CDI, following features may help to identify patients with severe disease.

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Author: Tyson Zemlak

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